Die Geschichte der Bruderschaft

Im Jahre 2024 blickte die Bruderschaft der Schwarzenhäupter aus Reval auf 625 Jahre ihres Bestehens zurück. Sie ist damit eine der ältesten, der noch bestehenden hansischen Körperschaften. 1400 wurde sie in Reval, dem heutigen Tallinn, erstmalig urkundlich erwähnt, ihre Gründung wird auf das Jahr 1399 datiert. 1407 wird der älteste Schragen (die Satzung der Bruderschaft) vom Rat der Hansestadt Reval bestätigt.

Die Gründungsurkunde der Bruderschaft, falls eine solche überhaupt existierte, ist nicht erhalten geblieben. Das heute noch vorhandene älteste Dokument, in dem die Revaler Schwarzenhäupter in Erscheinung treten, ist ihr Vertrag mit dem Konvent des Revaler Dominikanerklosters zu St. Katharinen vom 28. März 1400 über die Nutzung der von den Schwarzenhäuptern der Klosterkirche gestifteten und zu stiftenden Kirchengeräte und des Marienaltars. Da im Wortlaut dieses Vertrages die Revaler Schwarzenhäupter als eine bereits etablierte Körperschaft erscheinen, wird die Gründung kaum früher geschehen sein und als Gründgungsjahr 1399 angenommen.

Namensgeber der Bruderschaft war der Heilige St. Mauritius, der neben St. Georg Schutzpatron der Vereinigung war. St. Mauritius wurde in der kirchlichen Kunst des Mittelalters mit dunkler Hautfarbe dargestellt, und im Osten allgemein, aber auch in Süd- und Nordeuropa, verehrt. Als Schutzheiliger ganzer Städte, Adelsfamilien, Berufsstände sowie als Heiler verschiedener Krankheiten hat er bis heute seine öffentliche Präsenz. Wie und wann der Mauritiuskopf in das Wappenschild der Schwarzenhäupter gelangte, konnte bis heute nicht eindeutig geklärt werden.

Ursprünglich waren die Schwarzenhäupter eine Art Genossenschaft unverheirateter deutscher Kaufleute und Kaufgesellen – heimischer wie auswärtiger -, die sich von der schon bestehenden Großen oder Kaufmannsgilde gelöst hatten, wobei in der letzteren die verheirateten und selbstständigen Kaufleute verblieben. Bis zum 19. Jahrhundert schied ein Bruder bei seiner Heirat in der Regel aus der Bruderschaft aus und trat in die Große Gilde über.

Die mit Beginn des 2. Weltkrieges eingeleitete Umsiedlung der Deutschbalten aus den damals unabhängigen baltischen Republiken Estland und Lettland sowie die Besetzung der baltischen Länder durch die Sowjetarmee hatten zur Folge, dass viele Schwarzenhäupterbrüder bis 1941 Tallinn/Reval als Umsiedler oder Flüchtling verließen. Das Haus der Bruderschaft in der Pikk 26 mit dem gesamten Inventar verblieb zunächst im Eigentum der Bruderschaft. Alle Kunstschätze hingegen mussten im Rahmen der Umsiedlung in Tallinn/Reval zurückgelassen werden. Auf Befehl der Sowjetmacht wurden die Bruderschaft der Schwarzenhäupter und der dazugehörige Schwarzenhäupterklub am 14. August 1940 zwangsenteignet und aufgelöst.

Obgleich die Verhältnisse in den Kriegsjahren eine organisatorische Wiedereinrichtung der Bruderschaft nicht zuließen, setzte sich ihr inneres Leben fort. Zusammenkünfte der Brüder sind aus dieser Zeit dokumentiert.

Angesichts der Unsicherheit der Nachkriegsjahre in Deutschland wurde von den 76 Brüdern, die den Krieg überlebt haben, der Beschluss gefasst, die Bruderschaft zunächst in Stockholm, wo auch einer der Erkorenen Ältesten lebte, auf Grundlage schwedischer Gesetze zu restituieren. So lebte die Bruderschaft für eine Weile in Schweden weiter, stimmberechtigt waren alle Brüder unabhängig vom Wohnsitz.

Da mit der Zeit die überwiegende Mehrzahl der Brüder in der Bundesrepublik Deutschland wohnte, ist es 1961 zur Eintragung der „Bruderschaft der Schwarzenhäupter aus Reval“ in das Vereinsregister in Hamburg gekommen. Laut Statut und staatlicher Anerkennung ist der nach deutschem Recht registrierte Verein unmittelbarer Rechtsnachfolger der „Bruderschaft der Schwarzenhäupter zu Reval“.

Einher mit den Feierlichkeiten zum 600-jährigen Bestehen der Bruderschaft 1999 in Tallinn ging der Beschluss der Brüder, die Bruderschaft und damit auch ein aktives Bruderleben Schritt für Schritt wieder zurück in die angestammte Heimatstadt Reval/Tallinn zu verlegen. Seit 2012 finden die bedeutendsten Zusammenkünfte der Brüder, wie das Lätarefest, wieder ausschließlich in Tallinn statt. Über die Hälfte der Brüder haben auch ihren Wohnsitz hier.

Quelle: TALLINNA MUSTPEAD – Die Revaler Schwarzenhäupter, Geschichte und Schätze der Bruderschaft der Schwarzenhäupter; herausgegeben vom Stadtarchiv Tallinn, Tallinn 1999.